Schwestern der Milchstraße

Die Welt der Galaxien ist der alltäglichen Erfahrung nahezu unbekannt. Selbst bis zu Beginn unseres Jahrhunderts war ihre Natur noch umstritten. Erst in den zwanziger Jahren gelang es Edwin P. Hubble mit dem 2.5-m-Teleskop auf dem Mt. Wilson, den Nachweis zu erbringen, daß es sich bei den Galaxien, die man damals noch als "Nebel" bezeichnete, um eigenständige Sternsysteme ähnlich unserer Milchstraße handelt.

In den folgenden Jahren beschäftigten sich immer mehr Astronomen mit diesen fernen Sternensystemen, die sich aus 100 Milliarden Sternen und mehr zusammensetzen. Anhand ihrer Morphologie wurden sie in elliptische und Spiralgalaxien unterteilt. Diese Hauptklassen verzweigen sich dann nochmals in mehrere Untertypen. Mit aus heutiger Sicht zum Teil kleinen Teleskopen begann man, helle Galaxien spektroskopisch eingehend zu untersuchen. Basierend auf der Analyse ihrer Spektren stellte sich u.a. heraus, daß die Linien im Spektrum zu größeren Wellenlängen hin verschoben sind. Als Ursache für diese Rotverschiebung wurde eine Fluchtbewegung erkannt und darüberhinaus zeichnete sich ab, daß die Rotverschiebung um so größer ist, je weiter eine Galaxie entfernt ist. Diese allgemeine Rotverschiebung in den Spektren von Galaxien gilt neben der Mikrowellenhintergrundstrahlung und der beobachteten Häufigkeiten der leichten Elemente im Kosmos als eine der Hauptstützen der Urknalltheorie zur Beschreibung des Ursprungs unseres Universums.

Neben den sogenannten normalen Galaxien, deren Spektren im wesentlichen durch ein reines Absorptionslinienspektrum gekennzeichnet sind, entdeckte man ebenfalls bereits zu Beginn unseres Jahrhunderts Galaxien, in deren Spektren sich Emissionslinien zeigen. Bereits in den vierziger Jahren wurden von Carl Seyfert etwa 10 Galaxien hinsichtlich dieses Phänomens detailierter untersucht. Die intensive Erforschung dieser sogenannten Aktiven Galaxien begann in den sechziger Jahren. Im Gegensatz zu den normalen Galaxien findet man bei Aktiven Galaxien, daß enorme Energiemengen, die vergleichbar der Leuchtkraft der gesamten umgebenden Galaxie sein können, aus einem sehr kleinen zentralen Raumgebiet der Galaxie stammen. Aufgrund der enormen Energie geht man heute allgemein davon aus, daß sich im Zentrum einer Aktiven Galaxie ein sehr massereiches Schwarzes Loch befindet, das über Akkretion von Materie gewaltige Energiemengen freisetzt und u.a. das umgebende Gas zur Linienemission anregt.

Mit den in zunehmendem Maße verfügbaren Großteleskopen gelang es in den letzten Jahren, über Galaxienzählungen großräumige Strukturen im Universum zu kartieren. Dabei zeigte sich, daß Galaxien keineswegs gleichförmig im Raum verteilt sind, sondern sich entlang dünner Strukturen konzentrieren, die wie die Oberfläche einer Blase Raumgebiete umgeben, die vergleichsweise sehr viel weniger Galaxien enthalten.

Über diese interessanten Forschungen berichtet Dr. Matthias Dietrich von der Landessternwarte Heidelberg.